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Moderne junge Familien-

Autorenbild: Dr. Jutta WeberDr. Jutta Weber

zwischen früher Berufstätigkeit beider  Elternteile und Familienbett,

Ganztagskita und Langzeitstillen

 

Eltern- Kind- Beziehungen müssen sich heutzutage ganz anderen Herausforderungen stellen, als noch vor 20 Jahren.

Vielleicht ist das ein allgemeingültiger Satz, der sich auf jede Generation anwenden lässt, denn natürlich geht mit jedem gesellschaftlichen Wandel auch ein Wandel innerhalb der Familien einher.

Der Anspruch, dem junge Familien heute genügen müssen, ist gestiegen. Es wird nahezu erwartet und auch politisch als notwendig erachtet, dass beide Elternteile schon mit sehr kleinen Kindern erwerbstätig sind. Zudem machen gestiegenen Lebenshaltungskosten zwei Einkommen häufig erforderlich.

Die Einführung des Elterngeldes ist zwar für 1 Jahr eine gute Unterstützung, danach fehlt das Geld, auf das sich die Familie eingestellt hat jedoch. Bis zum Jahr 2007 gab es diese Unterstützung nicht in diesem Umfang, sodass man mit dem Eltern-Werden auf gewisse Einschränkungen eingestellt war und es nicht diese spätere, definierte Zäsur gab, ab der deutlich weniger Geld zur Verfügung stand..

Unabhängig vom Alter der Kinder sind Mütter deutlich häufiger erwerbstätig, als noch vor 15 Jahren. 2008 waren rund 57% der Mütter von Kindern unter 12 Jahren erwerbstätig, 2022 waren es 64%. Der Anstieg arbeitender Mütter von Kindern unter 3 Jahren stieg noch deutlicher von 20% auf 40% an.

Im gleichen Zeitraum hat sich die Erwerbstätigkeit der Männer kaum verändert. 

Frauen arbeiten vermehrt in Teil-, Männer in Vollzeit.

Natürlich erfordert die Berufstätigkeit beider Eltern eine deutlich intensivere Strukturierung und Planung, um Familien- und Arbeitsleben unter einen Hut zu bekommen.

Während in NRW 2008 9,3% der unter Ein- bis Zweijährigen in einer Kita waren, waren es 2023 bereits 31%. Damit liegt NRW unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 36,4%. Historisch bedingt liegt die Anzahl der kita-betreuten unter 3- Jährigen in den ostdeutschen Bundesländern deutlich höher. Führend ist Mecklenburg- Vorpommern mit einer Betreuungsrate von 59,2% der U3 (unter 3- jährigen) Kinder. Besonders Kinder dieser Altersgruppe machen, wenn sie in die Kita gehen, viele, viele Infekte durch. Im Durchschnitt 10 Infekte sind während des ersten Kita- Jahres normal. Das bringt häufig unruhigen Schlaf und viel Müdigkeit für die ganze Familie mit sich.

 

Kinderkrankenscheintage sind rar, sodass man nicht selten in die Bredouille kommt, ob man das halbkranke Kind zuhause lässt oder in die Kita bringen kann. Bei der Arbeitsstelle will man auf keinen Fall so wirken, als hätte man nicht alles im Griff. Man will als verlässliche Arbeitskraft gelten.

Kinder, die krank oder angeschlagen in die Kita gebracht werden, bringen die dortigen Betreuungspersonen jedoch oft an ihre Grenzen. Sie stellen für sie und die gesunden Kinder eine Infektionsquelle dar und überfordern, da sie deutlich mehr Nähe und Betreuung bräuchten, was ein Kindergarten leisten kann.

Das ist für Eltern ein Spagat zwischen den Ansprüchen von Kindern/ Familie und Arbeitsstelle, der so oft wie möglich zugunsten der Familie bzw. der Kinder entschieden werden sollte.

Vielleicht hat die Zunahme des gemeinsamen Schlafens in einem Familienbett einen kausalen Zusammenhang mit dem auf der anderen Seite so durchgetakteten Leben, das Eltern und Kinder während des Tages getrennt voneinander verbringen.

Kulturhistorisch war es eine eher neue Erfindung, dass Eltern und Kinder getrennt voneinander schlafen.

Ein großer Wendepunkt im Umgang mit dem Kind- auch bezüglich des Nachtschlafes stellte das Dritte Reich dar. Der Erziehungsratgeber „die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ setzte neue Maßstäbe in der Kindererziehung, die bis in die späten 1980er Jahre hinein galten. Danach mussten Kinder funktionieren und man gegebenenfalls ihren „Willen brechen“. Kinder gehörten danach von Anfang an in ihr eigenes Bett und mussten gegebenenfalls eben Schreien. Sie bei den Eltern schlafen zu lassen, würde sie danach verwöhnen und verweichlichen. Diese Ansichten zum Umgang mit Kindern haben wir weit hinter uns gelassen.

Vor dieser Zeit war auch in dieser Hinsicht vieles besser:

Obwohl man noch wenig von Schlafphysiologie wusste, war vieles am gemeinsamen Schlafen von Eltern, bzw. Ammen und Kindern schon früher genau richtig. Der sogenannte Ammenschlaf, also der leichte Schlaf, den Eltern haben, die neben ihrem Baby schlafen, lässt sie viel vom Befinden des Babys während der Nacht mitbekommen.  Eltern checken während der Nacht durch unterbewusste Berührungen Temperatur und Atmung des Kindes ab. Mütter, die mit dem Kind in einem Bett schlafen, stillen häufiger und erreichen selten Tiefschlaf- und häufiger aktive Schlafphasen, in denen sie eher Gefahrensituationen erkennen.

Ein Familienbett oder sogenanntes Co-Sleeping ist oft wohltuend und die entspannteste Schlafform für alle Beteiligten. Dennoch ist es nur unter bestimmten Voraussetzungen empfehlenswert.

Die wichtigste Voraussetzung ist, dass Eltern und Kind miteinander gut schlafen können. Wenn Mutter oder Vater- aus welchen Gründen auch immer- nicht mit dem Baby im Bett schlafen können oder wollen, ist das Familienbett keine optimale Lösung.

Weitere Voraussetzungen sind, dass beide Eltern Nichtraucher sind (gefährliche Giftstoffe liegen bei Rauchern auf Haut und Haaren), beide Eltern nüchtern sind und keine Tiere mit im Bett schlafen.  Eltern sollten als Trennwände zwischen mehreren Kindern schlafen und die Matratze sollte zu dritt mindestens 1,80m breit sein. Wichtig ist auch, die eventuelle Besucherritze mit einem Topper oder einem durchgehenden Matratzenschutz abzudecken, damit sie keine Falle für ein Baby darstellt.

Besonders die ältere Generation schüttelt nicht selten den Kopf darüber, dass Eltern und Kinder gemeinsam übernachten. Was jedoch zählt ist, wie die Familie am besten und entspanntesten schläft. Das ist sehr individuell und kann nur von den Eltern selbst entschieden werden.

Ebenso ist es mit dem richtigen Zeitpunkt für die Kinderfremdbetreuung. Wenn die finanzielle Möglichkeit besteht, ist es meist für alle Seiten angenehmer und entspannter, das Kind 2 Jahre zu Hause zu betreuen, vor allem deshalb, weil die Zeit mit dem Kind mehr genossen werden kann und die Koordination von Familie und Kind besonders mit kleinen Kindern herausfordernd ist. Es sind immer noch die Mütter, die (auch, wenn einige Väter mehr unterstützen) in den meisten Fällen unter Aufbringen aller Energien versuchen, Beruf und Kinderbedürfnissen gleichermaßen gerecht zu werden. Gerade mit kleinen Kindern bleibt kein Zeitfenster, um auf sich selbst und seine eigenen Wünsche zu schauen. Zufriedene Eltern sind jedoch eine Grundvoraussetzung für zufriedene Kinder.

Eigentlich gibt es, wenn die finanziellen Mittel es hergeben, keinen Grund, sich bzgl. des Arbeitseinstieges wegen eines Jahres mehr oder weniger zu stressen.

Selbst, wenn man erst nach einer zweijährigen Pause nach jedem Kind wieder in den Beruf einsteigt, bleiben noch viele, viele Jahre, in denen man intensiv seinen Beruf ausüben kann.

Eltern und Kind profitieren sehr davon, wenn sie die erste- ja vergleichsweise kurze -Zeit von zwei oder zweieinhalb Jahren gemeinsam verbringen. Es gibt viele Möglichkeiten, sich die Betreuung des Kindes während der ersten zwei Jahre zwischen Mutter und Vater und evtl. Großeltern aufzuteilen.

Solange viele Kindergärten einen so schlechten Personalschlüssel haben wie momentan, können sie nur bedingt den Bedürfnissen unter 2- jähriger Kinder gerecht werden.




Wenn jedoch aus welchen individuellen Gründen auch immer die Entscheidung gefallen ist, das Kind schon früh in einer Kita betreuen zu lassen, ist es wichtig, sich dafür nicht rechtfertigen zu müssen. Es gibt keinen Grund, sich schuldig zu fühlen.

Natürlich muss dann die gemeinsame Zeit am Nachmittag und Abend mit einem noch jungen Kind auf dieses abgestimmt sein. Die Trennungskapazität von den Eltern ist mit der Zeit in der Kita oft ausgeschöpft. Es sollte also von Seiten der Eltern nach einem Arbeitstag noch genügend Energie übrigbleiben, sich auf das Kind bzw. die Kinder zu freuen und auf diese einzulassen.

Trotz der Berufstätigkeit junger Mütter ist der Wunsch, das eigene Kind zu stillen, oft auch in die Kita- Zeit hinein, weiterhin sehr hoch.

82% aller Frauen stillen in Deutschland insgesamt, 49% noch im 5. Lebensmonat (Studie deutsche Gesellschaft für Ernährung 2020). 16% aller Kinder werden über das erste Lebensjahr hinaus gestillt. Die Donald Studie, eine nicht- repräsentative Studie aus Dortmund aus dem Jahr 2014, gab an, dass noch 2,3% der an der Studie beteiligten Frauen ihre Kinder mit 24 Monaten stillten. Da länger stillende Mütter sich häufig stigmatisiert fühlen, wenn sie über das Stillen Auskunft geben, reden sie meist nicht darüber. Es gibt also keine zuverlässigen Daten. Ergebnisse aus Umfragen ergaben, dass wahrscheinlich etwa 1 von 1000 Kindern noch mit 6 Jahren gestillt wird.

In Jäger-und Sammlergemeinschaften, also bis vor ca. 5000 Jahren, wurden Kinder zwischen 2 und 4 Jahre lang gestillt. Ursprünglich scheint das sogenannte Langzeitstillen demnach eine natürliche Ernährungsform zu sein.

Wie aber lässt sich dies in den Alltag heutiger junger Familien übersetzen?

Wie oben erwähnt, sind 40% aller Mütter unter 3- jähriger Kinder berufstätig. Knapp 40% der westdeutschen und knapp 55% der ostdeutschen Kinder werden unter drei Jahren in einer Kita betreut.

Was bedeutet es also für Mutter und Kind, wenn einerseits noch gestillt wird und andererseits während des Tages oft für acht Stunden die Kinder fremdbetreut sind und die Mütter arbeiten?

1.     Wenn beide Eltern berufstätig sind ist es um so wichtiger, dass alles um Haushalt und Kinder sich auf beiden Schultern verteilt. Viele Befragungen von Paaren haben ergeben, dass einer der Hauptstreitpunkte zwischen Eltern die (vermeintlich ungleiche/ ungerechte) Aufgabenverteilung bzgl. Kindern und Haushalt darstellt. So lange ein Kind gestillt wird, ist es natürlicherweise enger an die Mutter gebunden.     Ein gleichschenkliges Beziehungsdreieck zwischen Mutter, Vater und Kind kann sich schwierig herausbilden.

2.     Länger gestillte Kinder wollen gerade nachts häufig an die Brust. Nicht selten stellt das Einschlafen an der Brust den Eischlafreiz dar, der auch in der Nacht immer wieder gesucht wird. Die über Tag berufstätige Mutter hat also nachts einen häufig unterbrochenen Schlaf und befindet sich in einem permanenten Schlafdefizit.

3.     Das noch gestillte Kind, das zu Hause jederzeit in die schützende, nährende Beziehung zur Mutter treten kann, muss während des Tages in der Kita ohne sie sein, oft auch ohne sie einschlafen.

Es kann dem Kleinkind dadurch deutlich schwerer fallen, im Kindergarten anzukommen.


 Natürlich ist das alles nur Theorie und jede Familie sollte frei und selbst entscheiden, wie geschlafen und wie lange gestillt wird. Was gut läuft braucht keine Änderung.

Wichtig erscheint mir, dass sich alle Beteiligten in der Lebenssituation, in der sie sich befinden, wohl fühlen, ihre Bedürfnisse erkennen und sich den Alltag zutrauen.

Wenn man müde ist und sich überfordert fühlt, ist es legitim abzustillen.

Wenn man seinen Partner oder seine Partnerin vermisst und gerne wieder innig beieinander einschlafen möchte oder wenn man neben seinen Kindern nicht gut abschalten und daher nicht entspannt schlafen kann, ist es absolut in Ordnung, sie an ihr eigenes Bett zu gewöhnen.

Alle an einer Familie beteiligten Personen sind wichtig. Glückliche Eltern haben, das erwähne ich erneut, oft zufriedene Kinder.

Man muss nicht auf Biegen und Brechen versuchen, die getrennte Zeit während des Tages durch komplette, allumfassende Nähe zu kompensieren. Das geht oft nicht gut und endet in großer Überforderung.

Unsere Kinder fühlen sich sicherer, wenn wir ausstrahlen, dass wir hinter unserem Lebenskonzept mit ihnen stehen. Sind wir ängstlich oder haben Schuldgefühle, weil wir während des Tages getrennte Wege gehen, verunsichert sie das.

Wie geschlafen und wie lange gestillt wird, sollte also eine für jede Familie individuelle Entscheidung sein- unabhängig von Trends oder Empfehlungen. Die Konzepte sollen so gewählt werden, dass sich alle Familienmitglieder mit ihnen so wohl wie möglich fühlen können. Ansonsten sollte man sich mutig trauen, etwas zu verändern.

 

 

 
 
 

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